Die für mich wichtigsten Produktionen, bei denen ich am Schlagzeug saß, und die man nirgends als CD oder Schallplatte (welch schönes Wort!) kaufen kann bzw. konnte, müssen hier einfach aufgezählt werden. Weil: erstens steckt da eine Menge Herzblut drin; zweitens sind so schöne Lieder dabei, dass es einfach zu schade wäre, nicht daran zu erinnern… Im Laufe der Zeit hat sich soviel Material angesammelt, dass das folgende stark verkürzt werden musste. Los geht es mit der Band, für die eigens der Name „Madrigal-Rock“ erfunden wurde, und die für Fans von Rockmusik mit mittelalterlichen, kontrapunktischen Einflüssen von großer Bedeutung war:
Passion
Es existieren drei Aufnahmen auf der sog. „Kleeblatt“-LP 1/81. Wunderschön (wenn auch ein bisschen verquast): Morgendämmerung / Herzallerliebstes Mädel (Trautmann/Orlando di Lasso). Die trommelte noch mein Vorgänger ein, der – Glück für mich – zur Army eingezogen wurde. Danach kamen einige Rundfunkproduktionen – Musette d`Taverny (nach einem Thema von F. Couperin), Zerplatzt, Wenn Liebe stirbt usw. – nichts davon auf Platte… Die Band: Ulrich Teuto Schroedter (viol, keyb, fl, voc), Karsten Knabe, Lutz Salzwedel (später KARUSSELL) voc, Uli Mücke bg, fl, Rainer Trautmann g, fl, Wilfried Alma Gutjahr keyb, fl, vibraphon
Cäsars Rockband
Nicht die im Funk oder Fernsehen produzierten Lieder sollten auf unsere erste LP, sondern völlig neu erarbeitete. Der größte Teil dieser Lieder waren Kompositionen von Cäsar. Uli und Alma steuerten auch einige dazu bei. Werner Karma schrieb die Texte. Seine Idee war, das Erwachsenwerden eines kleinen Mädchens, namens Lisa, vom ersten Schultag an, bis zur ersten Liebe, zum ersten Job usw., zu beschreiben. Ich erinnere mich, dass Cäsar auf diesen Aufnahmen wunderschön Blockflöte gespielt hat. Darin ist er ja sowieso perfekt… Der einzige übrigens, der es auf diesem nicht grade sehr szenetypischen Instrument zu ähnlicher Meisterschaft (keine Übertreibung!) bringt, ist Teuto von PASSION. Es gab Gespräche mit AMIGA, die wollten uns aber nicht. Eine der ominösen Begründungen: „zu viel Keyboard – zu wenig Cäsar…“ Im Buch „Nach der Schlacht“ wird das ausführlicher beschrieben. Klar ist, es wären Tausende dieser LP verkauft worden. Denn Cäsi war, grade durch seine Zeit bei der Renft-Combo, für das Publikum ein Hero. AMIGA hab ich schon damals den schlimmsten, räuberischsten Kapitalismus an den Hals gewünscht… Ich habe diese Aufnahmen selbst nicht mehr. Werde Cäsar also mal fragen, ob die noch irgendwo rumliegen und man nicht was draus machen könnte. Die Band: Cäsar g, voc, fl, Alma Gutjahr keyb, U. Mücke bg, für kurze Zeit Holger Jahn (Johnny!)voc, g
Jonathan Blues Band / Tino Eisbrenner
1986/87 trommelte ich bei der „JBB“. 1987 erschien unsere LP „Überdruck“. Meine erste Scheibe überhaupt! Außerdem waren Peter Pabst und ich Gastmusiker bei der ersten Tour, die TINO EISBRENNER (JESSICA) als Solist durchführte. (Da kamen doch tatsächlich Plüschtiere, noch besser: Schlüpfer auf die Bühne geflogen!). Von dieser Tournee existieren Rundfunk-und Fernsehmitschnitte. Im Sommer `87 gab es noch einige Auftritte der JBB mit P. Thorup g, (Alexis Corner, CCS) und Paul Millns p, (Animals, A. Corner). Auch davon gibt es Aufnahmen.
Kerschowski / Blankenfelder Boogie Band
1988 ging ich zu KERSCHOWSKI und im gleichen Jahr auf Tour mit der BLANKENFELDER BOOGIE-BAND (das sind die KERSCHOWSKI-Band plus Cäsar bzw. Jürgen Ehle an den Gitarren, Bodi Bodag (ENGERLING) keyb, nebst vier zusätzlichen Bläsern – den Blankenfelder Boogie Babies. Yeah!). Ende `88 lernten wir RIO REISER kennen ( in dessen kleinem Studio in Fresenhagen die Blankenfelder-BB-Scheibe gemischt wurde). Die Band: Lutz Kerschowski voc, g, Wilki Wilkendorf g, Mischka keyb, Kai Luther bg
Johnny Goes To Berlin
Parallel dazu hab ich mit meinem alten Freund Johnny versucht, etwas Neues zu machen. Johnnys kompositorisches Vorbild ist Tony Banks, der Keyboarder von Genesis. Außerdem hat er erstaunlicherweise eine Stimme, die der Peter Gabriels ähnelt.10-12 Aufnahmen sind realisiert worden und liegen immer noch in meinem Musikfach rum. Schade! Die Band: Holger Johnny Jahn voc, Garret Matzko (vorher CHICOREE) g, Janek Skirecki bg, für kurze Zeit Ralf Bostelmann-Böhme keyb (beide vorher JESSICA, TINO EISBRENNER)
Die Wilderer
Das waren der Kern der KERSCHOWSKI-Band plus drei!! Gitarristen zusätzlich. Ein ziemlich anarchistischer Haufen mit Wut im Bauch – wegen des ersten Golfkrieges und anderer Sauereien – und manchmal soviel Power, dass man nicht mehr wusste, wo oben und unten ist. Hat gut getan. Wir gingen 1989 in das sogenannte „Popstudio“ und spielten (mit Jürgen Ehle von „Pankow“ als Produzenten) für`s Radio ein paar Lieder ein. („Zuviel Schnee“, „Der einsame Wanderer“ …) Es gab das Angebot, eine LP zu machen, aber wir konnten uns dazu leider, leider nicht durchringen. Der eine Teil der Combo sagte, wir wären musikalisch noch nicht so weit; die andere Fraktion-zu der ich gehörte- meinte, `ne Platte wäre längst überfällig… Dann kam im Herbst des Jahres die Wende und das Problem mit AMIGA erledigte sich erst einmal von selbst. Die WILDERER spielten auch mit RIO REISER, dem König von Deutschland, und mit MICHELLE SHOCKED („Anchorage“). „…wir fressen Snickers – ihr beißt in`s Gras…“ Die Band: Wilki Wilkendorf g, voc, Mario Ferraro g, Otti Ottersberg g, harm, Arne Hutzler g, Udo Kiene, Christoph Frenz bg, Mischka keyb.
Gerhard Gundermann
Im Herbst `89, in der wirklich heiß brodelnden und unvergesslichen Vorwendezeit, wurde ich außerdem Schlagzeuger bei Gundi. Unsere Musik stellte eine eigentümliche Mischung aus Jazz, Liedermacherei, Theater und Rockmusik dar. Heute würde ich sagen – nicht Fisch, nicht Fleisch. Den Leuten aber hat`s gefallen. Und wie! Sie lauschten quasi jedem einzelnen Wort, das Gundi über die Lippen kam. So ähnlich muß das der Renft-Combo in den 70ern auch gegangen sein. Da sich Gundi später zu einer der wichtigsten Gestalten der deutschen, intelligenten Popmusik überhaupt entwickelte, wär es vielleicht doch ganz interessant, Livemitschnitte zu veröffentlichen. Diese Mitschnitte gab es. Ob in machbarer Qualität weiß ich nicht. Die Band: Gundi voc, acc.g, Ingo Hugo Dietrich g, Stefan Körbel viol, g, Tina Tandler sax, Lexa Thomas bg. Ein Jahr später dann stieß GUNDERMANN zu den WILDERERN. Die Rohfassungen der Aufnahmen dieser Zeit wiederum erscheinen in Kürze beim Buschfunk-Label als CD. (Winter 2003/2004)
Mixed Pickles
MP, eine der sog. „anderen“ Bands (neben „Herbst in Peking“ für mich die interessanteste dieser Ära), baten mich 1992, neben ein paar Live-Gigs, ihre erste LP einzuspielen. Das hab ich auch getan. Diese Aufnahmen sind einfach nur geil! Ich höre sie mir bis heute ungebrochen gerne an. Es ist wirklich total abgefahrenes, aber kluges Zeug. Intellektuell-Punk oder so was. Und was passiert dann? Die – sorry – Blödköppe fangen gerade jetzt an, sich zu streiten! Irgend eine musikalische Sinnkrise… Der Klampfer beschließt plötzlich, wegen neuer Freundin, nach Italien zu ziehen; die Band löst sich auf und das war`s. Die Platte wird nie veröffentlicht. Die Band: Marcus Lönnig voc, Christian Pietzsch keyb, Stefan Pietzsch bg, cello, Stefan Witt g
Donnerkeil (Beysser)
1994/95, inspiriert durch Stone Temple Pilot, Nirvana, Soundgarden, Rage against the machine (deren größter Fan ich war, bin und sein werde!) u.a. wurden Songs geprobt, die, nicht nur, aber vor allem von Sebastian Baur stammten; ca. 12 davon aufgenommen in Studios in Berlin und Dresden. Da uns Basti von KNORKATOR weggestohlen wurde (ab nun „BUZZ DEE“) – außer Spesen nichts gewesen! Die Band: Sebastian Baur voc, g, Heinz Prüfer g, Bob King bg, am Anfang Gohlis keyb